Samstag, 18. Februar 2012

du da gehen!

Es gibt Leute, die haben die Tendenz, einem Ausländer, der nur schlecht Deutsch spricht, mit einer, wie sie denken, vereinfachten Sprache zu helfen. "Du da gehen!" "Du so machen!" Klar - die  wissen ja sowieso nicht, dass es zwischen 'Sie' und 'du' einen Unterschied gibt. 'Du nicht lernen richtig deutsch so, aber machen nix. Hauptsache du verstehen wenn ich sagen du das so machen.'

Kein weiterer Kommentar dazu. Oder doch: Am schlimmsten ist es, wenn dieser hilfsbereite Deutsche, Schweizer oder Österreicher einen "Ausländer" erwischt, der keiner ist, nur so aussieht. Oder seit Ewigkeiten in germanischen Gefilden lebt und so gut deutsch kann wie du und ich.......

Das mit dem Unterschlagen der Höflichkeitsform ist jedoch nicht nur ein Phänomen in deutschsprachigen Gegenden. Da gebe ich mir die größte Mühe, meinen Schülern hier im Algarve den Unterschied zwischen "tu", "você" und "o senhor/a senhora" beizubringen, und dann gehen sie nebenan ins Kaffee und die Bedienung an der Theke fragt: "o que é que queres" (was willst du)..... Und wenn ich dann eine Bemerkung mache, ist man beleidigt und meint, man habe ja nur helfen wollen. Als ob die einzige Schwierigkeit der portugiesischen Sprache darin bestünde, das 'Sie' und das 'du' auseinander zu halten....

Dabei wird hierzulande viel weniger geduzt - auch heute noch siezen viele Kinder ihre Eltern. Nein, natürlich sagen sie nicht "Sie, Vater, leihen Sie mir Ihr Auto". Eher etwa so: "leiht mir Vater sein Auto?" Geduzt werden eigentlich fast nur Gleichaltrige, seien es nun Familienmitglieder oder Freunde. Und Ausländer ;).

Abschließend ein Tipp an alle Menschen, die mit Ausländern sprechen: das einzige, was wirklich hilft, ist, die Wörter ganz langsam und deutlich auszusprechen, und nach jedem Wort eine kleine Pause zu machen, damit man erkennen kann, wo ein Wort aufhört und das nächste anfängt. Die Sätze kurz halten und möglichst keine komplizierten oder seltenen Wörter gebrauchen. Geduldig wiederholen, wenn der andere es nicht auf Anhieb versteht. So hilft man jemandem, der sich bemüht, unsere Sprache zu lernen. Irgendwie komisch, dass uns das so furchtbar schwer fällt. Ach ja - und das hätte ich fast vergessen, sollte zwar selbstverständlich sein: nicht in Dialekt sprechen!

Als kleiner Ausgleich zum Oberlehrerhaften dieses Beitrages  hier noch zwei schöne Fotos von der sich dem Ende zuneigenden Mandelblüte im Algarve:


10 Kommentare:

  1. Sehr schöner Beitrag :) Wie viele Menschen doch denken, wenn sie so reden, helfen sie den "Ausländern". Wie soll man da anständig deutsch lernen :D

    Und zwei sehr schöne Blumen, ich liebe diese Farben :)

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  2. Vielen Dank für deinen Kommentar auf meinem Blog :-)

    Mmmhhh... Mandelblüte... wunderschön! Ein herrlicher Anblick. Hätte ich nicht schon ca. 3 Tausend Fotos von der Blüte, würde ich immer wieder welche machen. Aber frau muss sich da ein wenig zügeln. Speicherplatz ist ein begrenztes Gut ;-)
    Ach so, vielleicht habe ich es falsch verstanden, aber ich habe das "o que é que queres" hier (in P) noch nie gehört - egal wo ich war. Das "o que" wird hier nie gesprochen, kann das sein? *grübel*

    LG; dieMia

    P.S.: Die Sicherheitsabfrage ist extrem nervig... der 4te Versuch und ich kann noch immer nicht lesen :-/

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    1. Danke ebenfalls :) Also hier im Algarve ist es normal zu sagen "o que é que queres". Portugiesisch korrekt ist auch "o que queres". Nur "que queres" ist eigentlich grammatikalisch falsch, kann jedoch durchaus in anderen Gegenden zum Dialekt gehören. Man muss auch in Betracht ziehen, dass dieses 'o' vor 'que' als ganz kurzes 'u' ausgesprochen wird - kaum hörbar. Aber eben doch vorhanden ;)
      Dann mach ich die Sicherheitsabfrage mal weg. Wenn dann zuviel Spam rein kommt, kann ich sie ja wieder aktivieren - sorry für die Unannehmlichkeit.

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  3. ich habe eine sehr schöne Erfahrung gemacht. Ich war 4 Jahre im Ausland. Ich habe dort eine Sprache gelernt, die mir nach kürzester Zeit sehr sehr gut von den Lippen ging. Ich habe es nicht einmal erlebt, dass die Menschen dort mit einer gebrochenen Sprache mit mir sprachen. Sie sprachen mit einer Sprache ohne Dialekt... obwohl in der Gegend sehrwohl Dialekt gesprochen wurde. Ich hatte es Gott Lob leicht gehabt die Sprache zu lernen.

    Ich finde deinen Beitag sehr sehr schön. Vielen Dank.

    AL Romeya

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  4. jede regel scheint mindestens eine ausnahme zu haben. meinem katalanischen ehemann brachte ich in erster linie schweizerdeutsch bei, bevor er mit der schriftsprache zu experimentieren begann. es gelang ihm schnell unsern dialekt 'nachzuahmen'. das hat uns schon in den ersten monaten zum staunen gebracht, wenn er jeweils korrekt platzierte sprichwörter zum besten gab, obwohl er später eingestand, nicht einmal gewusst zu haben was damit gemeint war.
    sein vater sprach selbstverständlich katalanisch mit mir, obwohl ich der spanischen sprache noch nicht mächtig war. vielleicht sind wir beide sprachbegabt, denn es blieb mir nicht erspart, analog castellaño und katalanisch zu lernen. gut, dass ich zuvor bereits perfekt französisch und wenig italienisch konnte, denn katalanisch ist der französischen sprache näher als spanisch.
    heute wiederholt sich das szenario mit meiner schwiegertocher (halb norwegerin halb engländerin), auch sie geht den 'mundart vor schriftdeutsch' weg. leider sprechen ihre freunde am liebsten englisch mit ihr. bei juan ramón war das ganz anders. er konnte gut französisch, doch niemand wollte das 'schulfranzösisch' anwenden.
    wir schweizer haben einen grossen vorteil. zum einen sind wir ein neugieriges völkchen aus einem kleinen land mit 4 landessprachen. unser schweizerdeutsch enthält bereits viele eingedeutschte französischwörter.
    ich vergleiche uns gern mit den indern, welche mindestens so neugierig wie vielsprachig sind. so muss es denn neugier und weltoffenheit sein, die sprachbegabung ausmacht. portugiesisch verstehe ich zu 90%, wenn ich die sprache lese, aber zu sprechen wage ich mich nicht. dafür gebe ich den brasilianern die schuld. wann immer ich mich bemühte mich zu verständigen, scheiterte ich an den dialekten, sie sind zu bequem sich mühe zu geben einem zu verstehen. wer weiss, vielleicht brauche ich einmal ein paar monate algarve und deine hilfe, mir die sprache anzueignen. lust dazu hätte ich allemal.

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    1. Witzig finde ich allemal, dass Schweizer, vor allem Deutschschweizer (die Romands sind da nach meinen Erfahrungen zu urteilen weniger flexibel) ihre erworbenen Fremdsprachen-Kenntnisse sehr gerne anwenden. Und sich auch Mühe geben, dass sich Französisch französisch und Englisch englisch anhört. Nur beim Hoch/Schriftdeutschen tun sie sich so schwer.

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    2. Entschuldigung, «wir Deutschschweizer» müsste es heißen; «unsere» erworbenen Kenntnisse; «uns» Mühe geben; und «uns» so schwer tun... ;)

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    3. étoile-filante25. Juni 2012 um 21:24

      da haben wir ja einiges gemeinsam: meine mutter schwedin, mein vater schweizer; aufgewachsen in der schweiz, englisch und etwas italienisch ist normal, etwas spanisch nach dem jakobsweg, holländisch, weil ich die leute mag

      und

      seit 10 jahren in der bretagne

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  5. Prononciert zu reden, u. a. damit der andere hören kann, wo die Wörter enden, das ist ein guter Rat. Aber geduldig wiederholen, wenn ich es nicht auf Anhieb verstehe, das bringt mich nicht weiter, sobald ich den Sinn eines Wortes nicht kenne. Da wird dann viermal genau der gleiche Satz abgespult, immer langsamer werdend (oder auch lauter), bis ich mir vorkomme - sorry - wie ein Idiot, aber einen Schritt weiter bin ich ganz und gar nicht.

    Meiner Meinung nach fehlt es oft dem Einheimischen (also demjenigen, der in dieser Situation im Vorteil ist) an Variationsbreite, an Umschreibungen oder Umformulierungen, damit der andere über diese Alternativen zum Verständnis kommen kann. Nicht verstehen wird gern mit einer Art Schwerhörigkeit gleichgesetzt. Manche fangen dann auch an, den andern wie ein Kind zu behandeln. Das ist dann besonders komisch, wenn sich z. B. eine deutsche Verkäuferin veranlasst sieht, einem Brasilianer mit Hochschulabschluss ihre Absicht in einer Art Gebärden- und Stammelsprache zu vermitteln. Er kennt die Vokabel nicht, das ist alles. Ansonsten ist er durchaus firm in solchen Dingen wie Prädikat, Plusquamperfekt oder Akkusativ. Ich bezweifele, dass alle seiner deutschen Gegenüber darin mithalten könnten.

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  6. Ja, ich kenne das auch zu gut:) Von vielen meiner Landsleute, damals von meinen Eltern (als sie noch in Deutschland gelebt haben) etc.

    Aber ich bin immer wieder sprachlos, wenn ich doch tatsächlich heute noch zu hören kriege (nachdem ich sogar erwähnt habe, dass ich hier aufgewachsen bin!): "Sie sprechen aber GUT deutsch!"

    Tsss....und das nach 43 Jahren:)

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