Wie schön war das früher am alten Fischerhafen in Portimão unter der Brücke über den Rio Arade. Frühmorgens warfen die Fischer die frisch gefangenen Sardinen aus den Kuttern in Körben in hohem Bogen hinauf zur "lota", wo sie gleich versteigert wurden.
Ein wenig weiter hinten gab es ein paar Restaurants, zu jedem gehörte ein großer, rauchender Grill, nur mit Sardinen drauf. An lauen Hochsommerabenden standen Einheimische und Touristen Schlange für einen Tisch. Oft waren wir mit der ganzen (portugiesischen Groß-)Familie da, manchmal um die 20 Personen.
Die Kellner kamen kaum nach, legten sich bis zu acht Teller Sardinen oder gemischten Salat (mit gegrillten Paprika - herrlich!) auf den ausgestreckten Arm und kurvten damit elegant um die dicht beieinander stehenden Tische - ein Spektakel! Zwischendurch kamen Folkloregruppen aus Coimbra mit ihren schwarzen Capes und Hüten und sangen und spielten auf. Und alles im Rauch der leckeren, fetten Sardinen.
Damals aßen alle Portugiesen die Sardinen noch traditionell: Man legt sie sich auf eine Scheibe des feinen Brotes und klaubt den essbaren Teil des Fischs mit den Fingern von der Gräte. Wie lecker ist am Ende dieses Stück Brot, das sich während des Essens mit dem Fett der Sardinen vollgesaugt hat. Für die Touristen, die mit Messer und Gabel hantierten, hatte man nur ein mitleidiges Lächeln übrig. Etwa so, wie wenn einer in der Schweiz die Servelat mit Bürli (Wurst mit Brötchen) vom Stand mit Messer und Gabel essen würde. Mir scheint fast, vielen Portugiesen ist es heutzutage peinlich, die Sardinen traditionell zu essen, sie befürchten vielleicht, die Ausländer könnten meinen, sie hätten keine Manieren.
Vor ein paar Jahren befanden die Behörden, die Sardinenrestaurants entsprächen keinen modernen Hygiene- und Sicherheits-Vorschriften. Und überhaupt. Und so wurden alle diese Restaurants abgerissen und eine moderne Promenade gebaut, mit modernen Skulpturen und vielen Palmen (die meisten sind inzwischen eingegangen - nicht wegen des Palmenmonsters, sondern weil sie nicht gegossen wurden). Ganz zuhinterst, am Schluss dieser Promenade wurden vor der Eisenbahnbrücke die neuen "Sardinenrestaurants" erstellt. Die sehen jetzt alle ziemlich einheitlich aus, nach Vorgabe der Stadt, alle gleich bestuhlt und betischt, alle gleich hygienisch und sicher und selbstverständlich kann man jetzt auch alles andere Meeresgetier und sogar Fleisch und Spaghetti kriegen und nicht wie früher ausschließlich Sardinen. Die Restaurants sind außer in der Hochsaison leider nicht sehr gut besucht - wer läuft denn schon so weit nach hinten - und natürlich ist die Atmosphäre, auch wenn es hier am Fluss wunderbar ruhig und angenehm ist, nicht mit der von früher zu vergleichen.
Na ja. Man merkt, dass man alt wird, wenn man anfängt, alten Zeiten nachzutrauern. Die besten Sardinen gibt es trotzdem immer noch hier - unser "Stammwirt" ist seit bald 40 Jahren (Mensch!) der Meco und jedesmal, wenn wir Sardinen irgendwo anders essen, sind wir enttäuscht. Ach ja - und wir bleiben dabei: die Sardine wird aufs Brot gelegt und mit den Fingern gegessen...
Übrigens: Bitte esst im Winter keine Sardinen! Die schmecken frühestens ab Mai bis September/Oktober, am saftigsten sind sie im Juli und im August und ansonsten sind sie trocken und fade. Letztes Jahr waren sie ziemlich mickerig und auch dieses Jahr beklagen sich Fischer und Fischliebhaber, dass sie nicht so besonders seien. Trotzdem: ein Sommer oder ein Algarve-Urlaub ohne Sardinen ist schlicht unvorstellbar.
Der TGV fährt vorbei ;) |
Wie wahr, wie wahr!
AntwortenLöschenIch vermisse diese Zeiten auch. Die goldenen Zeiten der Sardine, so will ich es mal nennen, sind leider weitestgehend vorbei. Aber nicht nur diese. Am meißten vermisse ich die Fischerboote am Strand. Mein Opa hatte selbst ein Fischerboot und es war jedes Mal ein Erlebnis, am Strand auf ihn zu warten und neugierig zu bestaunen, was er dieses Mal alles mit seinen Fischerjungs aus dem Meer gefischt hat. Das anschließende Sardinen essen war dann noch das anschließende Highlight. Noch heute schaut mich mein Opa komisch an, wenn ich es mal wage, die Sardine mit dem Messer zu "zerteilen", wenn ich ausnahmsweise mal keine Lust auf Brot habe. ;)