Wie ich lernte, Saramago zu lieben und was er mit der Bundesterrasse zu tun hat und was es mit Literaturübersetzungen so auf sich hat.
Wie hier versprochen werde ich also erzählen, wie ich - auf Umwegen - auf den Geschmack an den Werken von José Saramago kam:
Mein erstes Buch von Saramago, "Hoffnung im Alentejo" ist ein vergilbtes Taschenbuch. Es sieht aus, als hätte ich es irgendwann auf irgend einem Flohmarkt gekauft, ich kann mich nicht erinnern, wo und wann. Vielleicht wurde es mir auch geschenkt oder geliehen - falls letzteres zutrifft, bitte ich hiermit den- oder diejenige um Entschuldigung. Normalerweise pflege ich Bücher ziemlich gewissenhaft zurück zu geben, aber im Laufe des Umzugs nach Portugal könnte schon das eine oder andere Exemplar vergessen gegangen sein.
Obwohl mich das Thema dieser "Hoffnung im Alentejo" besonders interessierte - immerhin stammt mein Mann aus dieser Provinz Portugals - tat ich mich schwer mit dem Buch. Die Sätze waren zu verschachtelt, unübersichtlich, seitenlang, die Sprache zu holperig, altertümlich. Da war die Rede von Gevattern 1), da verband sich der Hunger mit der Lust zu Essen 2) - mir kam es vor wie ein unbeholfener Garcia-Marques-Verschnitt. Ich kam nie über die ersten Seiten hinaus, mein Interesse für diesen Schriftsteller war im Keim erstickt worden.
Erst als Saramago 1998 den Nobelpreis gewann, wurde ich neugierig und kaufte mir das erste Buch von ihm in portugiesischer Originalausgabe: "Todos os Nomes" (Alle Namen). Eine Überraschung! Verschachtelte Sätze, ja, aber welch flüssige, moderne (!), herrlich ironische, oft auch bissig sarkastische Sprache! Was für interessante Charaktere, liebevoll im Detail beschrieben, man hat das Gefühl, die Protagonisten persönlich zu kennen.
Als nächstes las ich "A Jangada De Pedra" (das steinerne Floss), und weil mich wunder nahm, weshalb mich das erste Buch so wenig überzeugt hatte, las ich dieses Werk P-D gleichzeitig, gewissermaßen Stereo. Obwohl in diesem Fall die Übersetzung nicht so ganz anders rüber kam als das Original, war auch hier die unvergleichliche Saramago-Sprache nur zu erahnen.
Bundesterrasse |
Nun ja - Literatur zu übersetzen ist sehr schwer. Fast so schwer, wie selber ein Buch zu schreiben, oder in gewisser Hinsicht sogar noch schwieriger, weil ja die Sprache nicht den eigenen Stil, die eigenen Empfindungen ausdrücken soll, sondern diejenigen, die der Autor vermitteln möchte. Ich will hier auch niemandem die Lust am Lesen der Bücher Saramagos verderben - ich habe festgestellt, dass es für die verschiedenen Bücher verschiedene Übersetzer gab und die Rezensionen der deutschen Ausgaben (mit Klick auf die Büchernamen erreichbar) geben zur Hoffnung Anlass, dass nur jenes eine Buch durch die Übersetzung so sehr gelitten hat. Ich habe es übrigens bis heute nicht zu Ende gelesen...
Für Saramago-Einsteiger: Fangen Sie mit "Alle Namen" an, oder, wenn Sie's gerne spannend haben, mit "Stadt der Blinden" (das Buch ist ganz anders und viel besser als der Film!!!)
1) es geht um das Wort "Compadre", ein zugegebenermassen eher ländlicher und schon etwas altmodischer aber auch heute noch häufig verwendeter Ausdruck. Ich werde ihn gelegentlich auf "Portugiesischvokabel" erläutern.
2) ein portugiesisches Sprichwort, im Buch wörtlich übersetzt. Die Bedeutung ist mehr oder weniger mit "gleich zu gleich gesellt sich gern" vergleichbar
3) diesen Link empfehle ich vor allem Schweizern, insbesondere denjenigen, die sich an Mani Matter erinnern.
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